Postdigitaler Salon (II)

Am 30. April 2023 fand in Leipzig zum zweiten Mal der „Postdigitale Salon“ statt – begleitend zur Leipziger Buchmesse. Der „Postdigitale Salon“ entstand in Kooperation des Online-Feuilletons „54books“ mit der Reihe „Digitale Bildkulturen“. – Die Aufzeichnungen der Veranstaltung sind nun online!

Linus Guggenberger sprach mit Berit Glanz über ihren Band „Filter“, der im März 2023 in der Reihe „Digitale Bildkulturen“ im Verlag Klaus Wagenbach erschienen ist – anzuschauen hier!

Peter Hintz sprach mit Anne Rabe über ihren Roman „Die Möglichkeit von Glück“, der im März 2023 bei Klett-Cotta erschienen ist – anzuschauen hier!

Annekathrin Kohout sprach mit Marlen Hobrack über ihren Roman „Schrödingers Grrrl“, der im Frühjahr 2023 im Verbrecher Verlag erschienen ist – anzuschauen hier!

Ich moderierte eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Alles nur noch surreal? KI-Bilder, ihre Ästhetik und die Folgen für die Kunst“, an der Jacob Birken, Roland Meyer und Nils Pooker teilnahmen – anzuschauen hier!

Podiumsdiskussionen und Vorträge aus dem Winter 2022/23 – Video- und Audioaufzeichnungen

Einige Veranstaltungen der letzten Monate, an denen ich teilnahm, sind mittlerweile online verfügbar. Hier ein Überblick:

Am 18. November 2022 diskutierte ich auf dem Kongress „Die Zukunft der Kritik“ in der Bundeskunsthalle Bonn mit Julia Grosse und Christian Demand und moderiert von Elke Buhr unter dem Titel „Das Urteil der Masse vs. das Urteil der Experten“ – anzuschauen hier!

Am 11. Januar 2023 hielt ich am Institut für Kunst und Kunsttheorie der Universität Köln einen Vortrag unter dem Titel „Der Streit um die Autonomie der Kunst“ – anzuschauen hier!

Am 26. Januar 2023 diskutierte ich in der Kunsthalle Darmstadt, moderiert von León Krempel und Franz Grubauer, mit Christoph Narholz unter dem Titel „Die Aura der Kunst“ über den parallel dort ausgestellten Künstler Thomas Sturm und seine Serie „Alter Meister“ – anzuschauen hier!

Am 15. Februar 2023 diskutierte ich im KOW in Berlin auf Initiative von Ludwig Seyfarth und moderiert von Alexander Koch mit Mario von Kelterborn über die Frage „Kann man politische Kunst besitzen?“ – nachzuhören hier!

Am 21. Februar 2023 diskutierte ich innerhalb der Reihe „Documenta revisited“ unter dem Titel „Dabei sein ist alles – Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie“ im Conne Island in Leipzig unter Moderation von Luis Kürsten mit Jakob Hayner – nachzuhören hier!

Am 12. März 2023 sprach ich im Kunstraum München mit Tim Beeby über sein Projekt „Unsigned Untitled Undated“ – dies eine Fortsetzung eines Dialogs, den wir vor einigen Jahren für das Kunstforum International geführt haben – anzuschauen hier!

Dialog mit René Schoemakers

Seinen seit 2020 entstehenden Werkzyklus „Genius Loki“ zeigt der Maler René Schoemakers gerade in der Berliner Galerie Karl Oskar – und das war Anlass für uns zu einem Gespräch nicht nur über den Zyklus, sondern über das Selbst- und Werkverständnis des Künstlers, über Fake und Fiktion, den detektivischen Blick und die Frage, welchen Sinn (hoch- oder popkulturelle) Referenzen eigentlich machen. Dabei konnte ich René Schoemakers davon überzeugen, erstmals für eines seiner Bilder alle Referenzen offenzulegen. Für mich war das durchaus überraschend und hat die Wertschätzung für seine Arbeit nochmals gesteigert.

Hier ist unser Gespräch nachzulesen – und eine Schautafel mit den Referenzen des besprochenen Bilds gibt es hier:

Gespräch über Kunst in postdigitalen Zeiten

Mit der Kunstwissenschaftlerin Marie-France Rafael sprach ich über ihr neues Buch „Passing Images: Kunst in postdigitalen Zeiten“, das bei Floating Opera Press sowohl auf Deutsch wie auf Englisch erschienen ist. – Hier ist das Video anzuschauen!

Rafael experimentiert in ihrem Buch in vier Kapiteln mit Formen situativen Schreibens, um dem Umstand gerecht zu werden, dass sich „die drei Dimensionen der Produktion, Zirkulation und Konsumtion von künstlerischen Inhalten unter dem Einfluss des Digitalen oft bis zur Untrennbarkeit miteinander verschränken“. Schreiben über Kunst erfolgt also nicht mehr aus einem distanzierten Rezipieren, und oft sind Kunstwerke genauso für den digitalen Raum wie für den herkömmlichen analogen Raum angelegt. Das Gespräch analysiert das genauer anhand eines Kapitels aus Rafaels Buch, in dem es um Anne Imhofs Beitrag „Faust“ zur Venedig-Biennale im Deutschen Pavillon im Jahr 2017 geht. Was heißt es, dass die Künstlerin ihre Arbeit nicht nur für die Rezeption vor Ort, sondern genauso für die Sozialen Medien angelegt hat? Weiter geht es darum, inwieweit man das, was in den Sozialen Medien mit Kunst passiert, mit zwei traditionsreichen Begriffen der Kulturtheorie – dem Begriff des ‚Kultwerts‘ von Walter Benjamin und dem Begriff des ‚Spektakels‘ von Guy Debord – erfassen kann.

Nachruf auf Peter Weibel

Peter Weibel ist tot, für ZEIT-online habe ich einen Nachruf geschrieben – hier zu lesen.

„Obwohl Peter Weibel seine Karriere vor allem innerhalb von Institutionen machte, blieb er ihnen gegenüber immer skeptisch, ja hatte Lust auf Gedanken, die auch für ihn selbst unbequem und gefährlich werden konnten. So hat kaum jemand kritischer über Museen geurteilt als er, wenn er etwa beklagte, dass Exponate im ‚White Cube’ merkwürdig neutralisiert würden, „der geistige Gehalt und die ideologische Position eines Kunstwerks“ im Museum also „letztlich egal“ seien. Und während des Corona-Lockdown provozierte er manche mit der These, es sei gut, dass nun vieles nur noch online stattfinden könne, denn im Museum werde doch bloß „eine Nähe beschworen“, obwohl die Besucher sich eigentlich „gegenseitig nur auf die Nerven gehen“. Also müssten Museen versuchen, „das bessere Netflix zu sein“, und viel mehr „Angebote schaffen, die im Netz einzigartig sind, aber auch das Publikum beteiligen“. – Solche Aussagen lassen sich vielleicht nur ganz verstehen, wenn man weiß, wie wichtig es Peter Weibel immer war, den so lange viel zu exklusiven, elitären Kunstbetrieb zu öffnen und zu demokratisieren. Von den Medien ging für ihn also die Verheißung einer egalitäreren, freieren, offeneren Gesellschaft aus. Und wie er deshalb misstrauisch gegen zu viel Nähe war, war er auch misstrauisch gegen die Fetischisierung von Originalen, bekannte sich vielmehr schon 1988 zu seiner „Verachtung des Originals“. Mochte diese Verachtung daraus resultieren, dass er selbst seine Bildung vor allem über Reproduktionen und über Medien erworben hatte, so darf man sich ihn insgesamt vorstellen wie einen der jugendlichen Helden aus Peter Weiss’ „Ästhetik des Widerstands“, die ja ihrerseits vor allem dank Zeitschriften und Büchern – mit Hilfe von Medien – gegen vermeintlich unüberwindliche Grenzen zu opponieren vermochten.“

Das Foto zeigt Peter Weibel 2014 bei einem Auftritt mit seiner Band „Hotel Morphila Orchester“.

„Denn jede Form des Ausdrucks ist nur ein Gefängnis“ heißt es in seinem Song „Pollock-Rock“ von 1982. Möge er nun also in Freiheit ruhen.

„Die Kunst ist mächtiger denn je“ – ZEIT-Gespräch mit Markus Gabriel

Auf Einladung der ZEIT traf ich Mitte Januar in Hamburg den Philosophen Markus Gabriel zum Gespräch. Anlass waren unsere beiden Bücher, Gabriels Essay „Die Macht der Kunst“ und meine Studie „Die Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie“, und geplant war eigentlich ein Streitgespräch, da wir in einigen Hinsichten konträre Positionen einnehmen. So sieht Gabriel die Autonomie der Kunst (seit der Höhlenmalerei) als unantastbar an, während sie für mich nur in einer relativ kurzen Phase der Geschichte ein Ideal darstellte. Für Gabriel beweist sich auch in jeder Handtasche und jedem Protestplakat die Macht der autonomen Kunst, während derartige Phänomene für mich gerade Belege dafür sind, dass Kunst sich mit anderen Bereichen verbindet und an Eigenwert verliert. Tatsächlich trugen wir unsere Differenzen auch aus, entdeckten dann aber zunehmend mehr Punkte, die wir ähnlich einschätzen. In der Bearbeitung des Gesprächs für die Publikation entschieden die beiden gesprächsführenden Redakteure, Hanno Rauterberg und Peter Neumann, vor allem diese Passagen auszuwählen. Mittlerweile sind sie nachzulesen (ZEIT 5/2022) – und dies nun auch hier:

Katalogessay zu Hannah Villiger

Für die Ausstellung „Hannah Villiger: Amaze Me“, die im Muzeum Susch stattfindet, bin ich in einem Katalog-Essay der Frage nachgegangen, ob die fotografische Praxis von Villiger, die meist mit Polaroids arbeitete, in heutigen Fotoprojekten und unter den Bedingungen Sozialer Medien eine Fortsetzung erfährt. Bei Villigers Fotoarbeiten aus den 80er- und 90er-Jahren (Abb. links) scheint mir ein kritisch-analytischer, zum Teil sogar autoaggressiver Blick auf den eigenen Körper vorherrschend zu sein. Aktuelle Bilder z.B. von Maisie Cousins (Abb. rechts) mögen zum Teil ähnlich aussehen, doch geht es hier viel eher darum, jenen kritisch-autoaggressiven Blick selbst zu thematisieren und zu hinterfragen. Heutige Bildpraktiken sind also ‚aktivistischer’, denn negative Körperbilder sollen ausdrücklich überwunden, lange problematisierte Körperphänomene aufgewertet werden. 

Hier die deutsche Version meines Essays:

Und hier die englische:

„No time for romance“. Zu Neven Allgeiers Fotografien

Für das im Distanz-Verlag kürzlich erschienene Buch „Fading Temples“ des Fotografen Neven Allgeier habe ich einen Text geschrieben. Mein Ausgangspunkt war dabei die Aufschrift einer Basecap eines der Porträtierten: „No time for Romance“. Darin kommt für mich die Atmosphäre des aus Porträts und Environments bestehenden Bandes prägnant zum Ausdruck, denn für mich vergegenwärtigen Allgeiers Fotos sehr gut die dystopische Stimmung und Naturerfahrung vieler meist jüngerer Menschen – gerade auch derer, die sich als #lastgeneration begreifen. Hier ein Ausschnitt aus meinem Text:

„Man kann Natur nicht länger ästhetisch genießen, sondern spürt allenthalben die Folgen eines über lange Zeit maßlosen Umgangs mit Umwelt und Ressourcen. Mochte sich die Natur früheren Generationen als Zufluchtsort angeboten haben, wo sie die Enge des eigenen Lebens transzendieren, sich von den Enttäuschungen und Zumutungen der Zivilisation erholen, den unliebsamen Alltag für kurze Zeit verdrängen konnten, so weckt oder verstärkt ihr Anblick heute Schuldgefühle und Zukunftsängste, Trauer, Wut und Resignation. Wo einst viel Platz für Romantik war, ist keiner mehr.“

Und hier der gesamte Text:

Die Moderne in der Therapie

Gerade ist der Katalog zur Ausstellung „Raum und Gedächtnis“ von Ben Willikens im Schauwerk Sindelfingen erschienen. Dafür habe ich einen Essay geschrieben, in dem ich Willikens’ Auseinandersetzung mit „Räumen der Moderne“ zum Anlass nehme, mir im Vergleich anzuschauen, warum er und einige andere zeitgenössische Künstler:innen so gerne Räume von El Lissitzky, De Stijl-Künstlern, Mies van der Rohe, Bruno Taut etc. als Sujet wählen. Mein Text hat den Titel „Die Moderne in der Therapie“, da ich darin die These entwickle, dass es den Künstler:innen mit ihren Bildern jeweils darum geht, die Klassische Moderne einer Revision zu unterziehen und besser zu machen, als sie im ersten Anlauf war. Allerdings unterscheiden sie sich zum Teil deutlich hinsichtlich ihrer Idealbilder einer besseren Moderne! Wer den Text lesen will – hier ist er: